Mit dem nötigen Durchblick und etwas Vorbereitung kannst du am Vorstellungsgespräch auch bei schwierigen Fragen mit brillanten Antworten glänzen. Conecto ZHAW und Matthias Mölleney, Inhaber einer Beratungsfirma für Personalmanagement und Führungskompetenz, geben dir Tipps dazu.
«Als Arbeitgeber habe ich nur etwa eine Stunde Zeit, einen Bewerber kennen zu lernen», sagt Matthias Mölleney, der über 20 Jahre als Personalchef tätig war und als Inhaber von peopleXpert Unternehmen, Organisationen und Führungskräfte in Personalmanagement und Führungskompetenz berät. «In dieser Zeit möchte ich so viel wie möglich über ihn erfahren.» Interviewfragen haben deshalb oft einen breiteren Hintergrund, als auf den ersten Blick ersichtlich.
Die Frage hinter der Frage
Mit der Frage nach den eigenen Schwächen wird Ehrlichkeit, Selbstvertrauen und Persönlichkeit des Kandidaten geprüft. Es gilt, ehrlich zu sein, aber nicht zu übertreiben. Am besten nennst du ein bis zwei Schwächen, die irrelevant für die Stelle oder offensichtlich sind.
In welchen Situationen fällt es Ihnen schwer, mit anderen zusammenzuarbeiten? Der Vorgesetzte möchte mit dieser Frage mehr über dein Teamverhalten erfahren. Versuche, möglichst ehrlich zu antworten, aber keine Situationen zu nennen, in denen du bei der ausgeschriebenen Stelle arbeiten müsstest.
Wenn der Arbeitgeber von dir wissen möchte, wie stark deine Stimmung von Erfolgen und Misserfolgen beeinflusst wird, prüft er deine emotionale Stabilität. Überzeuge ihn davon, dass dich Misserfolge nicht kalt lassen, du aber nach vorne schaust und aus Fehlern lernen möchtest.
Tappe nicht in die Falle, wenn dich der Arbeitgeber nach deinem Ex-Chef fragt. Er prüft gerade deine Loyalität. So schwierig dein ehemaliger Chef auch gewesen sein mag und so sehr dich dein Gegenüber also auch zum Lästern anstachelt – bleibe stark und loyal!
Haben Sie noch Fragen? Mit einem «Ja» zeigst du dem Arbeitgeber, dass du dich auf das Gespräch vorbereitet hast. Hat der Arbeitgeber im Gespräch schon alle Antworten vorweggenommen, solltest du dies erwähnen – zusammen mit den Fragen, die du hättest stellen wollen. So wirkt deine Aussage glaubwürdig.
Trotz aller Vorbereitung: Wichtiger, als dem Arbeitgeber die vermeintlich perfekte Antwort zu liefern, sei die eigene Authentizität, so Mölleney. Wer eine Show abziehe, fliege früher oder später auf: entweder bereits während des Gesprächs oder erst in der Probezeit.
Die Königsdisziplin: Dreiecksfragen
«Wie wird es sein, wenn der Bewerber bei mir arbeitet? Diese Frage möchte ich nach dem Gespräch mit ihm beantworten können», sagt Mölleney. Nützlich seien dabei die verhaltensorientierten Dreiecksfragen.
«Schildern Sie mir eine Situation, in der Sie Ihre Belastbarkeit unter Beweis stellen konnten. Wie haben Sie sich in der Situation verhalten? Was war das Resultat davon?» So könnte eine typische Dreiecksfrage lauten.
Mit der Schilderung der Situation möchte der Arbeitgeber klären, ob sich seine Vorstellung von Belastung mit der des Bewerbers deckt.
Hat der Bewerber Instrumente, um mit Belastbarkeit umzugehen, die zur Stelle passen? «Wenn mir ein Bewerber sagt, dass er in belastenden Situationen jeweils den Raum verlasse und erst am nächsten Tag wiederkomme, ist das wenig vorteilhaft», schmunzelt Mölleney. Besser komme die Schilderung von strukturiertem und lösungsorientiertem Vorgehen an.
Mit der Frage nach dem Resultat will der Arbeitgeber in Erfahrung bringen, ob der Bewerber im Stande ist, die Wirkung seines Handelns einzuschätzen und aus Fehlern zu lernen.
Die Vorbereitung auf die Königsdisziplin beginnt mit dem Blick in die Stellenbeschreibung. Eigenschaften, die dort genannt werden, werden oft Gegenstand von Dreiecksfragen. Dazu kannst du dir Situation, Verhalten und Wirkung überlegen. Auch hier ist Ehrlichkeit gefragt, denn widersprüchliche Aussagen fallen bei Dreiecksfragen besonders auf.
Matthias Mölleney
Matthias Mölleney war Personalchef bei Lufthansa, Swissair, Sulzer Medica und Unaxis. Er ist Inhaber von peopleXpert, einer Firma, die Unternehmen, Organisationen und Führungskräfte im Personalmanagement und Führungskompetenz berät. Zusammen mit der Conecto ZHAW zeigt er Studierenden bei Career Workshops, wie sie elegant und selbstsicher durch den Rekrutierungsprozess kommen.